Into the Land of the Great White Cloud

Neuseeland gilt als Traumland für viele Reiselustige mit Fernweh. Nach der weiten Anreise möchte man sich genügend Zeit vor Ort nehmen. Genial ist die Kombination aus einer Kreuzfahrt rund um Neuseeland mit zwei oder drei Wochen vor oder nach der Seereise, um die Eindrücke mit Fahrten durch die Landschaft von „Mittelerde“ zu vertiefen – inklusive Abstecher nach Sydney.

Wo Schafe und Kühe auf den sanften Hügeln grasen und sich Gipfel im ewigen Schnee mit Fjorden, Sandstränden und Urwald abwechseln, wirkt die Welt noch in Ordnung. In Neuseeland scheint es, als ob die Schöpfung am Ende der Welt eine Zusammenfassung vieler Landschaften der ganzen Welt auf einem überschaubaren Fleckchen präsentiert. Den Überlieferungen zufolge gab das Volk der Māori, die ursprünglich aus Polynesien angekommenen Erstbewohner, dem Land den Namen Aotearoa – das Land der großen weißen Wolke.

Von November bis März pendeln Kreuzfahrtschiffe der bekannten Reedereien zwischen Auckland und Sydney mit leicht abgeänderten Routen, die in der Regel durch die Fjordlandschaft der Südinsel kreuzen – dies kann ein Landausflug wahrlich nicht bieten. Unsere Reise auf der Celebrity Solstice beginnt in Auckland, der größten Metropole Neuseelands mit gut 1.4 Millionen Einwohnern, dank starker Immigration aus Asien mit steigender Tendenz. Die „City of Sails“ belegt auf der Liste der Städte mit höchster Lebensqualität seit einigen Jahren den dritten Platz gleich hinter Wien und Zürich. Am besten akklimatisiert man sich dort für ein paar Tage, um den winterlichen Zeitunterschied von zwölf Stunden zu meistern.

Die Metropole hat in ihrem fußläufigen Zentrum einiges zu bieten. Zudem gilt sie als eine der wenigen Hafenstädte weltweit, in der die Kreuzfahrtschiffe gleich am Ende der Haupteinkaufsstraße festmachen. Diese Queen Street umfasst neben Shops auch einige Gebäude der Auckland Technical University und das Civic Theatre mit hochrangigen Konzerten und Musicals. Ein Kuriosum gleich an der Kreuzung vor dem Theater: Fußgänger haben gleichzeitig grün und überqueren die Straße in allen Richtungen, sogar diagonal. Auffallend: je näher man die Straße Richtung Hafen herunterläuft, umso teurer werden dieselben Souvenirs. Da lohnt der Blick in die Nebenstraßen, in denen winzige Geschäfte den legendären Manuka-Honig feilbieten und neue Cafés nur so aus dem Boden sprießen. Wer sich einheimisch outen möchte, bestellt einen „flat white“, die neuseeländische bzw. australische Antwort auf Cappuccino mit minimaler Luft in der hübsch dekorierten, flach aufgeschäumten Haube.

Wer Auckland schon vor vielen Jahren besucht hat, wird die Waterfront kaum wiedererkennen. Reger Verkehr herrscht an den beiden Schiffsanlegeplätzen Princes Wharf und Queens Wharf, auf denen zur Sommersaison gleich zwei Megaliner pro Tag Tausende von neugierigen Entdeckern abfertigen. Wer zuvor in einem der Geschäfte zollfrei einkauft, bekommt die Waren direkt in die Kabine geliefert. Westlich von der Princes Wharf folgt das interessante Maritime Museum über die Geschichten der Seefahrer, wie die meisten neuseeländischen Einrichtungen zweisprachig auch in Te Reo Māori beschrieben. Dahinter folgt das aus den heruntergekommenen Docks entstandene Viertel Viaduct Harbour mit seinem nachhaltigen Urlaubsgefühl inmitten der Unzahl von Segeln in der Viaduct Marina. Für die Mitarbeiter der hier angesiedelten Hauptsitze von HP, Microsoft & Co. ein traumhaftes Arbeitsklima.

Nach drei Tagen Auckland mit Erkundungen auch jenseits des Central Business District (CBD) legt die strahlend weiße Celebrity Solstice an der Princes Wharf an, die mit ihren weißen Hotelbauten selbst wie ein Schiff aussieht. Der 2008 von der deutschen Meyer-Werft in Papenburg abgelieferte Neubau entstand als erster von fünf Megalinern von Celebrity Cruises, dem Premium-Segment der Royal Carribean Cruises. Die mit 122 000 BRZ vermessene Solstice („Sonnenwende“) kreuzt unter maltesischer Flagge mit 2852 Passagieren wechselnd vier Monate lang durch Alaska und Hawaii sowie ein halbes Jahr durch den Südpazifik nach Neuseeland.

Das Einchecken folgt der gemütlicheren, stressfreieren Gangart wie überall in Neuseeland, eine gute Einstimmung ohne Stress. Bereits mit der vorherigen Schiffsgeneration auf der Celebrity Infinity vertraut, verwöhnt uns das Musterschiff der aktuellen Klasse mit seiner riesigen Lobby über mehrere Etagen und dem moderneren Kabinendesign bis hin zur Apple iLounge an Bord. Das überwiegend aus den Philippinen stammende Kabinenpersonal bedient freundlich unauffällig; unser Steward Marlon („genauso wie Marlon Brando“) fährt die Route bereits im dritten Jahr und kann zu einigen Anlegestellen passende Tipps geben. Innerhalb der ersten Tage findet jeder seine Lieblingsecke wie in unserem Falle die Bibliothek mit dem Blick von Deck 9 hinunter in die Lobby, gegenüber prangert ein mehrere Meter hoher echter Baum.

Bei unserer späten Buchung lässt sich die späte Essenszeit im 1400 Personen fassenden Grand Épernay Restaurant kurzfristig zwar nicht mehr vorverlegen, stattdessen entpuppt sich das „Select Dining“ im selben zweistöckigen Dining Room mit seiner luftigen Gestaltung als großartige Alternative. So ergibt sich ähnlich dem Speeddating eine immer wiederkehrende Chance, die anderen Mitreisenden mit ihren Geschichten kennenzulernen. Die Mehrheit bei Celebrity Cruises stammt auch diesmal aus den USA, diesmal ergänzt um Südafrikaner und Europäer. Dank einer 150 Personen zählenden Reisegruppe aus Niedersachsen erfolgen alle Aussagen ebenfalls auf Deutsch.

Neben dem Oceanview Café genannten Büffetrestaurant auf Deck 14 bieten sechs Spezialitätenlokale und das Luminae Suite Class Restaurant die nötige Abwechslung für eine zweiwöchige Reise. Dafür sorgt ebenfalls Cruise Director Eddy Jenkins mit dem täglichen Showprogramm im dreistöckigen Solstice Theatre. Gleich zwei Lektoren präsentieren abwechselnd die neuseeländischen Highlights mit Fokus auf die schützenswerte endemische Flora und Fauna. Bei Seetagen lohnen sich die Vorführungen der eigenen Glasbrennerei und der Besuch beim chinesischen Arzt mit einer Einführung in die Akupunktur. Nicht zu vergessen: die Solstice war 2008 das erste Schiff mit echtem Rasen im Lawn Club auf Deck 15. Und seit dem jüngsten Umbau im Oktober 2016 zieht dort zusätzlich ein Outdoor Movie Screen die Blicke auf sich.

Bay Of Islands

Statt im Uhrzeigersinn den direkten Reiseweg zur Südinsel zu avisieren, geht es zunächst ein kleines Stück nach Nordosten in die „Bay of Islands“. Die Solstice ankert vor Paihia und bietet gleich mehrere Ausflüge. Hier zeigt sich, wie wichtig ein längerer Aufenthalt im Anschluss an die Kreuzfahrt ist, denn es gibt in fast jedem Hafen einfach zu viel zu sehen. Gegenüber von Paihia liegt Russell, die im frühen 19. Jahrhunderte nachgewiesene erste europäische Ansiedlung, heute ein beliebter Ort mit Holzfassaden im viktorianischen Stil für gemütliche Ferien für die Bewohner von Auckland. Über Russells einstige Bedeutung berichtet die historische Pompallier Mission, die von Heritage New Zealand verwaltet wird. Wer vor der Rückkehr aufs Schiff noch bummeln möchte, sollte die Promenade von Russell nicht verpassen, am Nachmittag scheint sich hier der ganze Ferienort in entspannter Atmosphäre bei einem guten Glas neuseeländischen Wein aus der Region um Nelson zu treffen.

Wichtig ist der Besuch von Waitangi, ein Ortsteil von Paihia. Hier unterzeichnete Gouverneur William Hobson mit 45 Stammesführern der Māori anno 1840 die „Treaty of Waitangi“. Diese erste Verfassung benachteiligte die Ureinwohner noch wegen sprachlicher Differenzen. Etwas touristisch aufgezogen, aber doch eindrucksvoll ist eine Vorführung des legendären Haka-Tanzes im neugestalteten Waitangi Museum. Immerhin: den ersten Einwohnern Neuseelands werden immer mehr Rechte eingeräumt.

Als eigentlicher Star der Region Northland gilt jedoch „Tāne Mahuta“, der rund zweitausend Jahre alte Kauri-Baum. Diesen knapp 52 Meter hohen Baum verehren die Māori als Gott des Waldes. Ihre Mythologie mit dem bewundernswerten Schutz des Regenwaldes beantworteten die einstigen Kolonialherren mit der Abholzung zum Bau stabiler Häuser und Möbel, inzwischen stehen die verbliebenen Bäume wie hier im Waipoua Forest auf der Westseite der Nordinsel unter Naturschutz. Die Region bietet genügend Gründe, um bei einer Rückkehr nach Auckland im Anschluss an die Reise noch ein verlängertes Wochenende mit dem Mietwagen zu unternehmen, dann geht es auch noch zur knapp 90 km langen, irrtümlich „Ninety Miles Beach“ genannten Spitze Neuseelands.

Bay of Plenty

Als zweite Station bereits südlich von Auckland fährt die Solstice die „Bay of Plenty“ an, die James Cook ob der vielfältigen Nahrungsmittelvorräten der Māori so genannt hatte. Das Schiff landet direkt an der regionalen Hauptstadt Tauranga, mit 115.000 Einwohnern eine der am schnellsten wachsenden Städte auf der Nordinsel mit einer prosperierenden Wirtschaft. Lohnenswert ist ein Ausflug zu einer der zahlreichen Kiwi-Plantagen direkt ab Schiff, denn sie liegen recht weit außerhalb der Stadt. So erfahren wir, dass die früher „chinesische Stachelbeere“ genannte Frucht erst aufgrund eines China-Besuchs Anfang des 20. Jahrhunderts nach Neuseeland gelangte und dessen Aufzucht dort perfektioniert wurde. Engländer nannten sie schließlich Kiwi in Anlehnung an den flügellosen Vogel Neuseelands. Die Kiwi-Pflücker stammen überwiegend aus asiatischen Ländern, doch auch junge Europäer beteiligen sich saisonal mit dem Work & Holiday Visum.

Wellington

Nach einem Tag auf See erreicht die Solstice „Windy Wellington“, die aufgrund ihrer starken Böen gerne so genannte Hauptstadt Neuseelands mit nur 200.000 Einwohnern und dem markanten Parlamentsgebäude namens „Beehive“. An der untersten Spitze der Nordinsel gelegen, richtet sich das Zentrum offen nach Süden aus; vom hiesigen Hafen aus starten die Fähren auf die Südinsel. Shuttle-Busse verbinden den Hafen mit dem Zentrum, örtliche Freiwillige unterstützen den Tourismus und werben freundlich für das wichtigste Erlebnis gleich zu Beginn: mit der Cable Car geht es vom Zentrum über eine 610 m kurze Strecke zum Viertel Kelburn mit seinen viktorianischen Villen. Der berühmte Blick auf die Stadt mit einem roten Waggon davor hat sich längst zum Selfie-Spot entwickelt.

Ein beeindruckendes Erlebnis ist der Besuch von Zealandia, das von Kelburn aus mit einem Bus innerhalb weniger Minuten erreicht wird: das weltweit erste vollständig abgezäunte Ökosystem auf 225 Hektar. Da sämtliche eingewanderte Tierarten über Jahre hinweg konsequent ausgesiedelt wurden, können Besucher auf 32 km langen Wegen die Natur wie vor der menschlichen Besiedelung bewundern. Entsprechend erinnert die frische Luft an einen Hauch von Sumpfgebiet, wenn man sich den Weg durch die verschränkten Silberferne schlägt, deren grüne Blätter gelegentlich über den Pfad reichen. Immer wieder fliegt ein einheimischer Vogel vorbei oder stimmt zu einem Konzert an. Es wird wohl noch 500 Jahre dauern, bis die Natur das Gebiet vollständig restauriert hat, natürlich ohne ausgestorbene Arten wie den zwei Meter hohen Moa-Laufvogel. Der Name Zealandia ist an den überwiegend unter Wasser liegenden Kontinent angelehnt, von dem nur die neuseeländischen Inseln aufragen und der Rest der Landmassen verborgen bleibt.

Die meisten Touristen nutzen Wellington lediglich zur Überquerung der Cook Strait und verpassen es, die Hauptstadt der Filmindustrie – nicht zuletzt bekannt durch den „Herrn der Ringe“ und die „Hobbit“-Trilogie – sowie seine rege Ausgehszene vor allem im multikulturellen Viertel um die Cuba Street näher kennenzulernen.

Dunedin

Nach einem Kurzbesuch in Akaroa, dem französisch inspirierten Fischerdorf vor dem 2011 durch zwei Erdbeben stark zerstörten Christchurch folgt als nächstes Dunedin. Das sichtbar von schottischen Einwohnern geprägte Schmuckstück mit seinen 120.000 Einwohnern bildet das Zentrum der Otago-Region. James Cook kam 1770 als erster Europäer in dieses Gebiet, in dem 1861 ein großer Goldrausch Dunedin zur reichsten Stadt des Landes machte, dessen Name übrigens dem schottischen Äquivalent von Edinburgh entspricht. Wohl dem, der schon eine Anschlussreise auf die Südinsel vorgesehen hat, denn erneut haben wir die Qual der Wahl. Direkt an der Anlegestelle am Port Chalmers in der Otago-Peninsula noch vor der Stadt startet ein witziger Ausflug mit der Eisenbahn für die Vorbucher an Bord. An einem einzigen Anlegetag lohnt sich der „Dunedin Silver Fern Seasider“ genannte Express bis nach Waitati. Der Weg ist das Ziel, denn mangels Wendeschleife am Ende fährt der Zug nach 45 Minuten einfach wieder zurück; die Sitzbänke dreht das Personal einfach um. Mit Ausnahme der touristischen Fahrten wie hier kommt der Eisenbahn im recht schmalen, dafür 1600 km langen Neuseeland allerdings keine große Bedeutung zu.

Auch ohne Zugfahrt sollte man unbedingt die Dunedin Railway Station besuchen, ein wahres Juwel der Bahnhofsarchitektur vom frühen 20. Jahrhundert. Ein ähnliches Highlight findet der geneigte Stadtbummler mit der University of Otago, die anno 1879 im neogotischen Stil in Anlehnung an die University of Glasgow entstand. Aus dieser Epoche stammt auch das Larnach Castle auf der Otago Peninsula, das einzige wirkliche Schloss in ganz Neuseeland. Dessen Besuch lässt sich gut mit der einzigen Königsalbatros-Kolonie auf einem Festland verbinden. Dunedin kann auch mit einem Eintrag im Guinness Buch der Rekorde aufwarten: die 350 Meter lange Baldwin Street kommt auf eine Steigung von 35 %. Zurück an Bord allerdings eine unangenehme Überraschung in Port Chalmers: vom nebenliegende Güterhafen gehen regelmäßig riesige Mengen an Baumstämmen auf Frachtschiffe nach China, anstatt die unberührte Natur im eigenen Land zu belassen.

Fiordland

Andächtig beobachten die Frühaufsteher die Einfahrt in den Dusky Sound in der vollständig gefüllten Sky Lounge auf Deck 14, der Auftakt durch die Fjordlandschaft im Südwesten der Südinsel. Inhaltich gut vorbereitet von den Vorträgen der beiden Lektoren, können wir die langsame Fahrt durch diesen 40 km langen Komplex von Inseln wie dem großen Resolution Island und den unzähligen kleinen Felsen folgen. Wieder einmal war es James Cook, der diesen Teil des heutigen Fiordland National Park entdeckte und ihm seinen Namen gab. Geologisch gesehen wird ein Fjord von Eisgletschern gespeist und ein Sound vom Flusswasser.

Zur Mittagszeit folgt der Doubtful Sound, dessen Namen der omnipräsente James Cook absichtlich gab, weil er ein mögliches Aussegeln aus diesem weit verzweigten System für unwahrscheinlich hielt. Die beste Sicht auf die eindrucksvolle Landschaft bieten die Fenstertische im Spezialitätenrestaurant Tuscan Grill, das man unbedingt bei Reisebeginn für die Durchfahrt reservieren sollte.

Am Nachmittag folgt mit dem Milford Sound der berühmteste von allen dreien. Inzwischen hängen die Wolken in diesem regenreichen Gebiet schon recht tief; der Bordfotograf erntet mit seinem wohl üblichen Kommentar vom strahlend blauen Wetter der Vorwoche nicht gerade Beifall. Allerdings hebt sich der Nebel doch noch etwas auf, denn die Solstice ankert eine Weile in diesem kleineren Becken, das auch vom Land aus zugänglich ist und verschieden erkundet werden kann, ob per Helikopter oder auf einer mehrtägigen Wanderung.

Hobart

Während viele noch den neuseeländischen Erlebnissen nachhängen und überlegen, was sie im Anschluss an diese Reise als nächstes vertiefen wollen, steht der anschließende Seetag ganz in der Vorbereitung auf Australien. Der dort geborene Executive Chef Robert Sauer präsentiert seine Heimat kulinarisch im Grand Épernay und im Ocean Café als willkommene Abwechslung der Schiffsroutine.

Zunächst geht es in die Hauptstadt vom Staat Tasmanien, der sich wie eine gelungene Mischung präsentiert: bereits zu Australien gehörend mit dessen endemischer Tierwelt, passt es klimatisch und landschaftlich noch zu Neuseeland. Fast jeder Ausflug führt vom 220.000 Einwohner zählenden Hobart durch das nahe gelegene pittoreske Richmond, entstand durch die Entdeckung von Kohle am Coal River. Bemerkenswert sind die Steinhäuser aus der georgianischen Epoche, in denen sich längst kleine Cafés und Antikgeschäfte eingerichtet haben. Im anschließenden Besuch im Bonorong Wildlife Sanctuary bewegen sich die Besucher frei zwischen Wallabys, Emus und Kängurus, nur der meist grimm dreinschauende tasmanische Teufel läuft in seinem eigenen Gehege. Seit Jahren vom Aussterben bedroht, sorgt Bonorong für die nachhaltige Fortpflanzung dieses häufig missverstandenen Beuteltiers. Wer auf dem Schiff keinen Ausflug dorthin gebucht hat, kann auch deren Shuttlebusse im Hafen nehmen.

Legten noch vor einigen Jahren neben der Fährverbindung Richtung Melbourne allenfalls ein halbes Dutzend Kreuzfahrtschiffe pro Jahr an, sind inzwischen gut 60 Anläufe jährlich zu verzeichnen. Der boomende Tourismus sorgt für viele Arbeitsplätze in Tasmanien. Trotz eigenem Parlament bleibt Tasmanien aus zentralaustralischer Sicht eine Provinz und für Reisende ein Geheimtipp. Ein Tag in Hobart ist eindeutig zu kurz und allenfalls ein Vorgeschmack für eine künftige ausgedehnte Ferienreise. In unserem Fall sorgt ein medizinischer Notruf für einen verlängerten Aufenthalt in Hobart gleich zu Beginn: statt im frühen Morgengrauen legt die Celebrity Solstice bereits am Vorabend an, um einen Passagier ins Krankenhaus zu bringen. Dadurch entdecken wir das pulsierende Nachtleben am südlichen Hafenrand beim Salamanca Market, der sich in langen Ziegelsteingebäuden als ansehnliche Ausgehmeile mit breitem gastronomischen Angebot entpuppt. Wer an einem Samstag eintrifft, findet dort den größten Outdoor Market von ganz Australien.

Sydney

Ein letztes Mal heißt es früh aufstehen, denn bereits um 5.30 Uhr lässt Kapitän Yannis Berdos die Celebrity Solstice gemächlich in den schönsten Naturhafen der Welt einfahren: den Port Jackson genannten Hafen von Sydney. Die Passagiere der Backbord-Außenkabinen sehen als erste das berühmte Wahrzeichen der Stadt, das Sydney Opera House, wie es sich optisch dank seiner verschiedenen Beigetöne vor der Skyline abhebt. Auf einem Megaliner früh morgens diese Einfahrt zu erleben, ist ein wahres Privileg für einen nachhaltigen Eindruck. Vor der 1932 vollendeten Harbour Bridge schiebt sich die Solstice an das neue Cruise Ship Terminal. Anders als in den meisten Häfen hat es niemand eilig, das Schiff zu verlassen, die Sicht auf die Anlegestelle am Bahnhof Circular Quay lässt niemanden unberührt. Gleich hinter dem Terminal erstreckt sich das historische Viertel The Rocks und ähnlich wie zu Beginn in Auckland liegt das Schiff genau am Beginn der Haupteinkaufsstraße, denn die George Street schlängelt sich von hier durch das Zentrum. Zwei weitere Anlegestellen für kleinere Schiffe befinden sich jenseits der Harbour Bridge hinter dem Darling Harbour. Neben der Solstice tummeln sich die kleinen gelbgrünen Fähren von Sydney Ferries, mit denen die Angestellten ihrem morgendlichen Tagewerk im CBD entgegenfahren.

Unsere Reise rund um das Land der großen weißen Wolke endet in Sydney mit einem Besuch im Opernhaus vor der Rückreise auf die Südinsel von Neuseeland, um den unterwegs gesammelten Tipps nachzugehen und das Landesinnere zu entdecken. Viele Amerikaner reisen nach zwei Nächten gleich wieder zurück, doch der nachhaltige Eindruck von Neuseeland benötigt mindestens zwei Folgewochen in Mittelerde inmitten der dünn besiedelten Landschaft mit Schafen, Kühen und Bergen in Abgeschiedenheit, um geprägt vom ruhigeren Kiwi-Lifestyle zu sich zu kommen.

Veröffentlicht in Crucero (Frankfurt), Ausgabe 1/2017, Dezember 2016, Seite 48-61

Ins Land der großen weißen Wolke (PDF)